Text von Yna Darms, mit Erlaubnis geklaut von "ZWEI HUNDELEBEN IM POTT"
Hier möchte ich gerne verschiedene Aspekte zum Thema zweiter Hund zusammentragen. Der erste Schritt sind ja immer
erst mal die Gedanken, die man sich so macht, wenn es darum geht einen zweiten Vierbeiner ins Haus zu holen. Die
Gründe für diese Gedanken können sehr verschieden sein. Der eine braucht einen weiteren Hund zum Arbeiten, der
andere möchte seinen ersten Hund nicht alleine lassen, da er arbeitet und der nächste möchte einfach das Rudel
vergrößern, weil es mit dem ersten Hund schon so toll geworden ist. Wie auch immer die Gründe aussehen mögen,
es ist ein Schritt, der genauso gut (eventuell noch besser) überlegt sein will wie der Schritt zum ersten Hund.
Viele Argumente sprechen für einen weiteren Hund im Haushalt. Solange man kein außergewöhnlich unverträgliches Tier
hat, ist die Anwesenheit eines Artgenossen eine Bereicherung für Hunde. Hunde sind hochsoziale Wesen, die auch mit
ihrem liebsten Menschen nicht ihr ganzes Verhaltensspektrum ausleben können. Der Mensch ist und bleibt nun mal ein
Mensch, da kann man sich zwar auf den Kopf stellen und noch so sehr an seinem 4Bein hängen, ändern wird es diese
Tatsache nicht. Sicherlich kann der Einzelhund auch damit zufrieden sein, dass er Hundekollegen auf der Wiese trifft,
aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, eine Hundebeziehung entwickelt sich ähnlich einer menschlichen
Freundschaft. Manchmal ist es Liebe auf den ersten Blick, manchmal schleicht man erst mal umeinander herum und muss
sich „beäugen“. In jedem Fall verändert sich eine solche Beziehung, ist nicht so stabil wie es oft den Anschein
haben mag. Vertrautheiten entwickeln sich, Zärtlichkeiten, Respekt und eine Streitkultur, womit ich keine
Keilereien meine, sondern die Regelung von Konfliktsituationen. Mit der Zeit hat jeder seine Aufgaben und Rollen.
Die häufigste Frage, die sich stellt ist die nach der Auswahl des Zweithundes. Wie wissen welcher Hund zum Ersthund
passt und natürlich auch zum Rest der Familie? Niemand ist glücklich, wenn die Hunde sich zwar prima verstehen, aber
der neue Hund nicht den Verhältnissen der Familie angepasst leben kann, weil diese sich überfordert fühlt.
Ich denke man sollte in der Auswahl einen Kompromiss versuchen. Die Hundehalter sollten sich einen relativ genauen
Rahmen stecken was für ein Hund passen könnte. Beispielsweise ist es ratsam sich zu fragen wie der Ausbildungsstand
des ersten Hundes ist und das Temperament. Ist der eigene Hund eher unsicher und ängstlich oder aggressiv, wie gut
ist seine Ausbildung gefestigt, usw.. Ist der eigene Hund ein Raufer, so sollte man viel Wert darauf legen einen
ausgleichenden Gegenpart zu finden. Ist der eigene Hund jagdlich ambitioniert, so empfiehlt sich ein zweiter Hund,
dem diese Neigung nicht so sehr im Blut liegt. Hunde schauen sich viel voneinander ab, im positiven und im negativen
Sinne. Negative Eigenschaften können sich verstärken, wenn sich im Zweithund ein Kumpan findet, der den Blödsinn
mitmacht. Die Orientierung des Ersthundes wird in den meisten Fällen genauso beim Zweithund liegen wie umgekehrt.
Bei der Frage nach dem möglichen Größenunterschied kann ich nur sagen, dass ich schon die erstaunlichsten dicken
Freunde gesehen habe. Aber natürlich wird der Yorkie kaum mit dem Neufi toben wie mit einem annähernd gleichgroßen
Hund. Meiner Meinung nach sollte der Größenunterschied zu immens sein.
Die Kombinationen der Geschlechter sind Geschmacksache. Die leichteste Kombination ist Hündin und Rüde, aber auch
Hündin und Hündin oder Rüde und Rüde sind durchaus möglich, im Gegensatz zu vielen landläufigen Vorurteilen. Wenn
die eigene Hündin oder der eigene Rüde ungehalten auf Geschlechtsgenossen reagiert dann sollte man es sich
wahrscheinlich leichter machen und ein anderes Geschlecht dazu nehmen. Ist man sich nicht sicher, dann ist die
erste Regel sich viel Zeit zu lassen beim Kennenlernen der Hunde untereinander.
Oftmals wird empfohlen einen Welpen zu einem älteren Tier dazu zu nehmen. Nicht alle älteren Hund können mit Welpen
etwas anfangen. Der generelle Welpenschutz ist ein Ammenmärchen, nicht wenige ältere Tiere reagieren eher aggressiv
auf fremde Welpen. Da sollte man seinen Hund schon gut prüfen.
Wenn die körperlichen und charakterlichen Eigenschaften des Familienzuwachses halbwegs fest umrissen sind, dann
kann die Suche losgehen und dabei sollte der Ersthund nie fehlen. Nichts spricht dagegen den Ersthund mit
aussuchen zu lassen. Manche Hunde können sich von Anfang an nicht leiden, was zwar nicht heißt, dass diese
Hunde sich nie verstehen würden, aber man kann es sich leichter machen, wenn man die Hunde miteinander bekannt
macht und schaut wie sie sich verstehen.
In meiner Arbeit als Pflegestelle für Tierschutzvereine konnte ich das nicht so handhaben, aber ich konnte deutlich
die verschiedenen Reaktionen meiner Hündin auf die fremden Hunde beobachten. Die Gasthunde waren allesamt Rüden,
doch die Reaktionen meiner Hündin sehr unterschiedlich. Von gleichgültig bis schwer verknallt war alles dabei.
Die ersten Begegnungen sollten immer auf neutralem Boden stattfinden. Am besten sogar auf einem auch für den Ersthund
unbekanntem Gebiet. Wenn der Hund dann einzieht ist es ratsam alle konfliktträchtigen Situationen und Gegenstände zu
entfernen bzw. zu vermeiden. Kein Spielzeug rumliegen lassen, keine Kauknochen, keine überschwängliche Aufmerksamkeit
für den neuen Hund, wenn man merkt, dass der alte Hund eifersüchtig reagiert und von vorneherein klare Regeln
aufstellen. Trotz allem kommt es auch mal zu Raufereien. Das ist kein Beinbruch und kein Zeichen für Hass unter
den Tieren, sondern völlig normal. Man sollte diese Raufereien natürlich aufmerksam beobachten und zur Not
einschreiten. Ich persönlich habe für mich die Regel aufgestellt, dass Rangeleien nicht im Haus stattfinden und
das auch durchgesetzt. Draußen gibt es meist weniger Streitpunkte und wenn doch, dann auch mehr Platz.
Auch der Kostenpunkt muss genannt sein. Finanziell bedeutet der Zweithund mindestens die doppelte Belastung, meistens
sogar mehr (zum Beispiel durch höhere Hundesteuer für den zweiten Hund).
Der Zeitaufwand verdoppelt sich nicht, aber er bleibt auch nicht gleich. Klar, die Runden mit den zwei Hunden
brauchen nicht länger zu sein als mit einem, aber es sollte auch separate Zeit für den einzelnen Hund eingeplant
werden, zum Beispiel für gesondertes Training und auch mal Spielspaß nur mit dem Halter, das festigt die Bindung
und tut allen Beteiligten gut. Körperpflegezeit und auch -kosten erhöhen sich natürlich entsprechend der
Aufwendigkeit der Hunde. Bei meinen kurzhaarigen Hunde fällt das allerdings kaum ins Gewicht. Dreck gibt es
dementsprechend auch mehr im Haus, aber bei einem Hund muss man auch schon hinterherputzen.
Die erste Zeit ist immer die anstrengendste. Ist erst mal wieder Ruhe eingekehrt und man findet seinen Rhythmus,
dann ist die Anstrengung auch schnell vergessen. Bei eher quirligen Hunden sollte man auch klar machen können,
dass Zuhause auch Ruhezeiten einzuhalten sind. Konsequenz ist bei zwei Hunden noch um einiges größer zu schreiben
als bei einem!
Die Belohnung für die zusätzlichen Mühen mit einem weiteren Hund im Haus ist wunderschön, wie ich finde. Die Hunde
haben einen dauerhaften Lebenspartner und eine Möglichkeit ihr gesamtes Verhaltensspektrum auszuleben. Die Hunde
sind gemäß ihrer Veranlagung nicht mehr alleine und zwei Hunde zu beobachten, die sich gut verstehen, ist eine
unglaublich schöne Sache. Ich kann meinen Hunden stundenlang zuschauen, wenn sie schmusen, spielen oder einfach
nur aufeinander achten. Meine Hündin Lu war vor der Zeit der Zweithunde etwas schrullig geworden. Nachdem sie in
kurzer Zeit mehrfach derb untergebuttert worden war hatte sie Angst sich anderen Hunden zu nähern und nur noch
selten mit fremden Hunden Kontakt aufgenommen oder gespielt. Sie entwickelte langsam ihre Macken und war sehr
auf uns Menschen fixiert. Mit den Pflegehunden kam auch ihr Selbstbewusstsein wieder. Ihr Interesse an fremden
Hunde ist zwar immer noch eher mager, aber sie interessiert sich sehr für unseren anderen Hund Tio. Tio ist nun
genau der Hund, der sich für uns als Zweihund kaum geeignet hat. Ein Podenco mit einem sehr eigenen Wesen und
einem ungewöhnlichen Jagdtrieb. Tio kam als Pflegehund und war nicht gerade mein Wunschkandidat, mir war schon
ungefähr klar, was mir da blühen kann. Mit Lu hat er sich von allen Pflegehunden mit Abstand am schlechtesten
vertragen, da flogen die ersten Wochen oft die Fetzen und sein Jagdtrieb war natürlich auch keine tolle
Ergänzung für Lu, deren Passion ich gerade so halbwegs gezähmt hatte. Für Tio fanden sich aber wochenlang nicht
die richtigen Leute. Um die fünfte Woche herum wusste ich dann, dass ich es nicht schaffen würde, ihn wieder
abzugeben, denn so schwierig er auch war, so liebenswert war er auch. Die Beziehung zu Lu wurde immer besser und
inzwischen sind die beiden so sehr „altes Ehepaar“, dass ich oft lachen muss. Die beiden haben ihre Rituale,
ihre Kabbeleien und Eifersüchteleien genau wie viel Nähe, Spiel und Zärtlichkeiten. Die Beziehung der beiden
ist noch nicht fertig entwickelt, falls das jemals der Fall sein kann, aber sie ist innig. Wenn die Hunde getrennt
waren und sich wiedertreffen, dann ist die Freude groß und mir geht das Herzchen auf.
Also, was sagt uns das? Auch bei einem schwierigen Start unter ungünstigen Vorraussetzungen kann trotzdem eine
Liebesgeschichte daraus werden. Zum einen eine Liebesgeschichte zwischen den Hunden und zum anderen eine
zwischen mir und den Hunden. Mein Fazit ist durchaus ein Pro Zweithund. Ich habe bestimmt eine anstrengende
Variante erwischt, das lässt sich aber mit etwas Vorsorge und Verstand minimieren, und bin trotzdem sehr
glücklich über meine beiden Rüpel. Ein Hund kann auch glücklich ohne Zweithund sein, keine Frage, aber mit
einem Hundefreund ist das Hundeleben einfach noch etwas schöner.
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